„Ich mag neue Wege, den frühen Vogel und Hände in der Erde!“
Hallo, ich bin Christoph. Gründer und Sozialunternehmer.
Vom Acker in die Welt und wieder zurück.
Meine Kindheit: Vom Anbauen und Abreißen
Aufgewachsen bin ich auf einem alten Hof im rheinischen Erkelenz. Während meine Geschwister und ich draußen spielten und buddelten, gruben sich die Braunkohlebagger in Sichtweite tief in die Erde. Wir bauten mit Opa im Bauerngarten Gemüse an – sie zerstörten ein paar Kilometer weiter Felder und Dörfer. Auch unser denkmalgeschützter Hof sollte dem Tagebau zum Opfer fallen. Aber Aufgeben war für meine Familie keine Option. Und so machten meine Eltern das, was Generationen schon vor ihnen gemacht hatten: Säen, pflegen, ernten. Und wir Kinder immer dabei.
Mein erstes Start-up? Weihnachtsbäume!
Schon als Kind wollte ich gerne verkaufen. Angefangen habe ich mit Äpfeln und Kirschen, direkt am Wegesrand. Dumm nur, dass bei uns im Feld fast niemand vorbeikam. Mit 14 Jahren kam mir dann eine neue Idee: Weihnachtsbäume und zwar mit Lieferservice. Der „Business-Plan“ ging auf! Tannen „frisch vom Hof und direkt vor die Tür“ waren gefragt. Die Leute liebten es, und ich lernte von der Pike auf, wie Unternehmertum funktioniert. Das fühlte sich gut an – zumal ich 20 % der Einnahmen für die Kindernothilfe gespendet habe. Mein erstes Social Business, damals noch unbewusst.
„Als Jugendlicher zu gründen ist die beste Business School der Welt.“
Studieren und mein erstes echtes Social Business
Mein weiterer Ausbildungsweg lag quasi auf der Hand: Ein Studium der Agrar- und Wirtschaftswissenschaften. Erst in Bonn, dann Göttingen und schließlich Wageningen (NL). Während meines Masterstudiums zog es mich dann nach Ghana. Mein Antrieb: Kleinbauern dabei zu unterstützen, ihre Böden zu verbessern. In dieser Zeit habe ich mein erstes echtes Sozialunternehmen gegründet: DeCo – Sustainable Farming. Dabei habe ich erkannt, was mich nicht mehr losgelassen hat: gesellschaftlich relevante Probleme unternehmerisch zu lösen.
Forschen ist wie Graben – das hat mich schon immer fasziniert!
Parallel zu DeCo zog es mich in die USA – an das International Food Policy Research Institute (IFPRI). Hier vertiefte ich mein Wissen über Landwirtschaft in Entwicklungsländern. Mit diesem Know-how ging ich 2009 für meine Promotion ans Potsdam Institut für Klimafolgenforschung. Gemeinsam mit Wissenschaflter*innen aus der Physik, Biologie und Ökonomie untersuchte ich Zusammenhänge zwischen Klimawandel, Landwirtschaft und Ernährung.
„Die Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Bereichen hat mich nachhaltig inspiriert.“
2012 – eine Geburt mit Folgen
Fast zeitgleich mit der Abgabe meiner Dissertation kam meine Tochter zur Welt. Als frischgebackener Papa haben mich viele Fragen beschäftigt: Wie wachsen Kinder heutzutage eigentlich auf? Verstehen Kinder überhaupt noch, wie etwas angebaut und geerntet wird, wenn sie es selbst nicht erleben? Und welchen Beitrag leistet unser Bildungssystem dazu?
Daraus entwickelte sich eine Idee: Wie wäre es, den Gemüseanbau im Rahmen eines Bildungsprogramms an Schulen zu bringen? Um dies tiefer zu ergründen, habe ich in meiner Elternzeit die Arbeit „Entfremdung der Gesellschaft von Nahrungsmitteln“ geschrieben.
Die Idee ließ mich nicht mehr los. Also habe ich mit meiner Schwester, die damals Lehrerin war, ein Pilotprojekt an ihrer Schule gestartet. Ackern auf dem Schul- statt auf dem Bauernhof. Die ganze Phase vom Säen bis zur Ernte.
Hier wächst Wissen – GemüseAckerdemie!
Nach dem gelungenen Praxistest entwickelte ich das Konzept weiter und entwarf mit meinen damaligen Mitgründerinnen Julia und Johanna das Bildungsprogramm GemüseAckerdemie. Hier können Kinder und Jugendliche direkt an ihrer Schule Gemüse anbauen – und so wortwörtlich begreifen, woher das Essen auf ihren Tellern kommt.
„Wenn wir das Ziel einer nachhaltig konsumierenden Gesellschaft erreichen wollen, müssen wir bei den Jüngsten ansetzen.“
2014 haben wir daraus das gemeinnützige Sozialunternehmen Ackerdemia (heute Acker) gegründet. Mittlerweile arbeiten mehr als 200 Mitarbeiter*innen daran, den Gemüseacker als naturnahen Lernort in Kitas, Schulen, Universitäten, Unternehmen und Nachbarschaften zu etablieren. Bis heute haben über 300.000 Kinder mit uns an 1.800 Lernorten in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz geackert.
„Ich glaube, wenn Menschen mehr ackern – die eigenen Hände in die Erde stecken – dann ändert sich auch ihre Sichtweise.“
Erfolgreich Ackern – empirisch belegt und mehrfach ausgezeichnet
Schon bei der ersten Pilotschule habe ich die Wirkung analysiert. Mittlerweile haben wir sogar ein eigenes Wirkungsteam und die Wirkungsanalyse tief in unsere DNA verankert. Das Ergebnis: Ackern hilft! Das kommt auch immer mehr in der Öffentlichkeit an. Vor allem die Auszeichnung zum Ashoka Fellow 2016 und zum Impact Entrepreneur 2023, aber auch die vielen Preise für die GemüseAckerdemie geben uns als Team Rückenwind. So bin ich sehr froh, als Sozialunternehmer meine beiden Leidenschaften verbinden zu können, Wissenschaft und Unternehmertum. Oder eben Forscher und „verrückter Bauer“.
Euer
P.S.: Durch viele bürgerliche Initiativen (u.a. Menschenrecht vor Bergrecht) und den immer stärkeren Druck von Fridays for Future und vielen anderen ist es 2022 nach 30 Jahren Widerstand tatsächlich geglückt: Der Braunkohle-Tagebau Garzweiler II wurde massiv verkleinert. Unser Jahrhunderte alter Hof wird auch in Zukunft bestehen.
Podcast
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Dr. Christoph Schmitz:
Auf dem Acker
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